Wildnisschule in Leipzig

Was macht eigentlich die Goldammer im Frühling?

Wenn sich im Mai endgültig das Blätterdach schließt, sitzt die Goldammer (Emberiza citrinella) auf ihrem Nest und brütet. Das Weibchen hat es ganz allein in einer Bodenmulde oder in den untersten Zweigen einer Hecke gebaut. Das Nest ist ein kleiner Napf aus Stängeln und Grashalmen, der innen mit Tierhaaren und Moos gepolstert ist. Nun liegen drei bis fünf gemusterte Eier darin.

Goldammer Eier

Jeden Tag ein Ei: An fünf aufeinander folgenden Tagen legt das Weibchen jeweils ein Ei. Sie sind ca. 2 cm lang und 1,5 cm breit, haben eine glatte Oberfläche und glänzen. (Foto: Notafly, Wikipedia)

Nach etwa vierzehn Tagen schlüpfen die Jungen. Während das Weibchen die Kleinen wärmt, schafft das Männchen fleißig Futter herbei: Insekten, Spinnen, Käfer und Schmetterlingslarven. Es übergibt seine Beute an das Weibchen, das damit die Jungen füttert.

Wieder zwei Wochen später können die Jungvögel zwar noch nicht fliegen, machen aber ihre ersten Erkundungstouren. Sie verlassen das Nest und hüpfen auf den Zweigen herum. Von da an probieren sie ihre Flügel immer wieder aus, bis sie schließlich die kleine Familie verlassen.

Die Eltern können allerdings nur kurz durchatmen, denn Goldammern brüten bis zu drei Mal pro Jahr. Im Juni und Juli ziehen sie schon die nächsten zwei Generationen groß.

Goldammer Männchen

Ein echter Gentleman: Die Männchen tragen im Frühling ein schickes Prachtkleid. Kopf und Brust sind leuchtend gelb gefärbt. Sie singen intensiv, um die Weibchen anzulocken und schenken ihnen manchmal sogar Grashalme.

Obwohl die Goldammer so häufig brütet, brach ihr Bestand in den Jahren zwischen 1960 und 1980 in Ostdeutschland und vor allem in Sachsen erschreckend stark ein: Bis zu 50 Prozent der kleinen Sänger verschwanden, in manchen Gebieten sogar bis zu 80 Prozent. Grund dafür war der Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg. Deutschland und andere europäische Länder hatten begonnen, der Landwirtschaft auf die Beine zu helfen, und wandelten viele Brachflächen in Getreidefelder um. Die Goldammer verlor auf einen Schlag fast ihren gesamten Lebensraum!

Landschaft See und Waldrand

Offene Landschaften: Die Goldammer liebt offene Gebiete, Waldränder, Lichtungen, Küsten und Weinberge. Im Winter sind sie gerne in kleinen Trupps unterwegs, oft auch gemischt mit anderen Arten. (Foto: Vier Fährten)

Erst als in den 1990er-Jahren in der Landwirtschaft eine Überproduktion erreicht war und Flächen wieder stillgelegt wurden, erholte sich der Bestand. Trotzdem wird die Goldammer vom Rote-Liste-Zentrum noch auf der Vorwarnliste geführt.

Goldammer Rückenansicht

Familie Sperlingsvögel: Die Musterung der Flügel und des Schwänzchens erinnert an Spatzen, denn die Goldammer gehört zur gleichen Familie. Doch ihr rotbrauner Bürzel macht sie unverwechselbar.

Übrigens: Die Goldammer hat einen ganz charakteristischen Gesang. In sehr hohen Tönen pfeift sie "zi zi zi zi zi di düüüh", was gerne in Menschensprache übersetzt wird mit: "Wie, wie, wie, wie hab ich dich liiiieb!"Doch so positiv wurde ihr Gesang nicht immer interpretiert. Der Ornithologe Josef Gengler schrieb 1925 in einem Sonderheft der Ornithologischen Gesellschaft Bayerns noch den Merkvers "Müller, Müller, Müller bist a Diiiieb!" Was auch immer die Goldammer nun genau meint, Fakt ist, dass sie sogar im Hochsommer ihr Liedchen über die Felder trällert, wenn andere Singvögel schwitzend ihren Schnabel halten.

Golammer im Schnee

Kurzstreckenzieher: Die hiesigen Goldammern ziehen im Winter nach Südeuropa. Dafür bekommen wir Besuch von den Ammern aus Nordeuropa. Deshalb können wir die Goldammer das ganze Jahr über beobachten – auch wenn es nicht die gleichen Individuen sind.

Zum Weiterforschen:

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